Alternative Behandlungsmethoden werden bei Kindern in Westdeutschland wesentlich häufiger angewandt als in Ostdeutschland. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage von Familien aus Bonn, Berlin, Stuttgart und Leipzig. 18 Prozent der Befragten gaben an, dass sie alternative Behandlungsmethoden anwenden und nicht (nur) auf die Schulmedizin vertrauen. Innerhalb der Gruppe der Anwender alternativer Methoden wurde ein starker Ost-West-Unterschied deutlich. In Berlin und Leipzig wurden in elf bzw. 16 Prozent der Fälle alternative Methoden verwendet, in Bonn in 19 Prozent und in Stuttgart in 28 Prozent.
Die Fragestellung der Untersuchung lautete: Wie häufig verwenden Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus bzw. deren Eltern alternative Behandlungsmethoden? Gibt es Unterschiede abhängig vom sozialen Status bzw. zwischen Ost und West?
Näheres zur Studie: Von 346 versendeten Fragebögen wurden 228 ausgewertet (Berlin 74, Bonn 50, Stuttgart 100, Leipzig 122). Die Umfrage wurde an vier kinderdiabetologischen Zentren durchgeführt. Die Mehrzahl der Befragten stammt aus Ostdeutschland (Ost: 136, West 92 Befragte).
An der Studie waren beteiligt:
- Dr. Thomas Kapellen, Prof. Dr. Wieland Kiess und Karen Dannemann, Universitätsklinik und -poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
- Dr. Wolfgang Hecker, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Olgahospital Stuttgart
- Dr. Holger Haberland, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Berlin Lindenhof
- Dr. Antje Herbst, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Bonn.
Die alternativen Behandlungsmethoden, die bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in dieser Studie hauptsächlich verwendet wurden, sind:
- Homöopathie
- Vitamin/Mineralsupplementen
- Ernährungsumstellung
- naturheilkundliche Verfahren
- anthroposophische Medizin
- Ayur Veda.
Daten zu Kindern mit Diabetes mellitus sind bislang rar. Einzelfallberichte beschreiben jedoch lebensbedrohliche Ketoazidosen. Das sind Stoffwechselentgleisungen die zu einer vermehrten Zufuhr oder Produktion von Säuren im Stoffwechsel führen. Sie entstehen als Folge von weggelassenem oder reduziertem Insulin. Daher ist diese Umfrage von besonderer Bedeutung.
Trotz sicherer Ursache des Typ-1-Diabetes und absolutem Insulinmangel werden neben der Insulintherapie weitere, u. a. kostspielige Therapien verwendet, deren Nutzen zum Teil fraglich ist. Es stellt sich die Frage, ob die Mediziner diese Familien nicht ausreichend erreicht haben, oder ob chronische Erkrankungen per se zu einer Suche nach alternativen Behandlungsverfahren prädestinieren.