Eine Auseinandersetzung mit geschlechtergerechter Sprache lohnt sich. Denn sie bedeutet sensibel zu sein für verschiedene Realitäten, Differenzen und Diskriminierung. Es tut nicht weh, sondern beweist Fairness, Anerkennung und Respekt gegenüber den Mitmenschen.

Was ist geschlechtergerechte Sprache?

Sprache beziehungsweise Schrift als zentrales, wie komplexes System menschlicher Kommunikation beeinflusst Wahrnehmung und Interpretation der Realität, die letztendlich in Haltungen und Verhalten resultieren. Sprache übermittelt Einstellungen, Wertvorstellungen und Bedeutungen – sie ist nicht neutral und verändert sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen. Sprache und ihr Transfer in Kommunikationsprozesse vermögen aber auch Ausdruck von Respekt und Anerkennung zu sein.

Darüber hinaus ist seit Ende 2018 in Deutschland die Dritte Option rechtlich anerkannt. Dies bedeutet, dass das Personenstandsrecht neben männlich und weiblich die Eintragung „divers“ zulässt beziehungsweise der Eintrag auch offengelassen werden kann. Diese Anerkennung ermöglicht Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung ihre Geschlechtsangabe und Vornamensführung entsprechend amtlich ändern zu lassen. Daneben ermöglicht seither das Transsexuellengesetz den Vornamen amtlich ändern zu lassen. Dies betrifft Menschen, die sich nicht mit dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfinden. Spätestens mit der amtlichen Änderung sind Institutionen verpflichtet, die neuen Vornamen oder die geschlechtliche Identität anzuerkennen.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die Formulierung "Sehr geehrte Damen und Herren" ist durchgestrichen und durch "Liebe Menschen" ersetzt.
Mitmeinen bedeutet nicht mitdenken. Abbildung: Stabsstelle Chancengleichheit

Sprache.Macht.Vielfalt.

Sprache ist vergeschlechtlicht. Häufig wird argumentiert, dass die männliche Form (zum Beispiel Studenten, Professor) alle gleichermaßen anspricht. Diese männliche Form wird dann als generisches Maskulinum bezeichnet. Forschungen zu Geschlechterstereotypen, unter anderem in der Linguistik und der Psychologie, belegen, dass unsere Wortwahl maßgeblichen Einfluss auf die Bilder hat, die im Kopf entstehen. Das hat oftmals zu Folge, dass die männliche Form auch als solche verstanden wird: Sie macht nur ein Geschlecht sichtbar und hat damit Auswirkungen auf die Geschlechter, die unerwähnt bleiben.

Selbsttest: An wen denken Sie?

zurückdrehen

Geschlechtergerechter Begriff: Chirurg:in

Chirurgin. Foto: Colourbox
 

Welches Bild assoziieren Sie mit dem Begriff

Chirurg?

Karte umdrehen
zurückdrehen

Geschlechtergerechter Begriff: Hausmeister:in

 

Welches Bild assoziieren Sie mit dem Begriff

Hausmeister?

Karte umdrehen
zurückdrehen

Geschlechtergerechter Begriff: Kosmetiker:in

Kosmetiker. Foto: Colourbox
 

Welches Bild assoziieren Sie, wenn...

eine Kosmetiker (m/w/d) gesucht wird?

Karte umdrehen
zurückdrehen

Geschlechtergerechter Begriff: Bauingenieur:in

Ingenieurin. Foto: Colourbox
 

Welches Bild assoziieren Sie mit dem Begriff

Bauingenieur?

Karte umdrehen
zurückdrehen

Geschlechtergerechte Begriffe: Feuerwehrfrau, Feuerwehrleute

Feuerwehrleute. Foto: Colourbox
 

Welches Bild assoziieren Sie mit dem Begriff

Feuerwehrmann?

Karte umdrehen

Mitmeinen ≠ mitdenken

Von klein auf verfestigen sich stereotype Vorstellungen von Geschlechtern – und finden durch Sprache in die Köpfe. Das folgende Video verdeutlicht dies anhand eines Experiments in einer Kita. Kinder wurden gebeten einen firefighter, surgeon und fighter pilot zu malen und zeichneten daraufhin zumeist männliche Figuren. Spannend sind insbesondere die Reaktionen der Kinder, als reale Vertreterinnen dieser Berufsgruppen den Raum betreten.

Die Assoziation von Geschlechterrollen

Experiment: Die Assoziation von Geschlechterrollen.

Die spezifische Assoziation von Geschlechterrollen erfolgt bereits im Kindheitsalter - Im Video ein Experiment mit Aha-Erlebnis.

Unerwähnt bleiben in diesen Schreibweisen nicht-binäre Personen, also Personen, die sich nicht als Frau oder Mann identifizieren. Spätestens seit der Anerkennung (zumindest intergeschlechtlicher) nicht-binärer Personen durch Einführung des dritten positiven Geschlechtseintrags „divers“, sollten sie jedoch auch sprachlich sicht- bzw. hörbar gemacht werden – nur dann ist geschlechtergerechte Sprache wirklich geschlechtergerecht. Im öffentlichen Diskurs herrscht noch immer eine gewisse Sprachlosigkeit, um dieser gesellschaftlichen Realität gerecht zu werden. Was zu Beginn vielleicht noch holprig klingt, sollte eher als akustischer Hinweis auf die Vielfalt der Geschlechter verstanden werden. Etwaige Irritationen wirken als Impulse, um vermeintlich normale, binäre Schreib- und Sprechweisen aufzubrechen.

Geschlechtergerechte Sprache ist der Versuch, alle Menschen gleichberechtigt zu adressieren und ihr Geschlecht in Wort- und Schriftsprache zu berücksichtigen und anzuerkennen – als Beitrag zur Herstellung von Gerechtigkeit und Teilhabe. Um auch Frauen sprachlich sichtbar zu machen, wurden Schreibweisen mit Binnen-I (beispielweise StundentInnen) oder mit Schrägstrich (beispielweise Student/innen) eingeführt.

Gendern mit Doppelpunkt im schriftlichen Sprachgebrauch

Es gibt verschiedene sprachliche Möglichkeiten, die entweder geschlechtsneutral sind oder nicht-binäre Identitäten berücksichtigen. So besteht eine gängige Möglichkeit darin, geschlechtsneutrale Substantivierungen zu nutzen (beispielweise Studierende). Außerdem sind in den vergangenen Jahren nicht-binäre Schreibweisen wie das Gender-Sternchen oder Asterisk (beispielweise Student*innen), die Gender-Gap beziehungsweise Unterstrich (beispielweise Student_innen) und der Gender-Doppelpunkt (beispielweise Student:innen) entstanden.

Eine einheitliche Regelung oder Norm für geschlechtergerechte Sprache gibt es nicht, daher gibt es auch kein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“. Die genannten Optionen bringen jeweils Vor- und Nachteile mit sich und keine vermag es, allen Menschen gerecht zu werden. 

Dennoch hat die Universität Leipzig den Anspruch, eine einheitliche Schreibweise zu verwenden, welche geschlechtergerecht ist und dabei Aspekte der Lesbarkeit und Barrierefreiheit berücksichtigt. Nach Rücksprache mit queeren und inklusionspolitischen Initiativen legte die Stabsstelle Chancengleichheit, Diversität und Familie dem Senat eine Empfehlung zur Verwendung des Gender-Doppelpunkts vor. Dieser erfährt zunehmende Verbreitung, lässt Raum für nicht-binäre Identitäten, fügt sich dennoch ins Schriftbild ein, ist auf jeder gängigen Tastatur vorhanden, wird von den meisten Screenreadern als Pause gelesen und ist mit nur einem Braille-Zeichen kodiert.

Der Doppelpunkt

Der Doppelpunkt wird nach dem Wortstamm bzw. der männlichen Bezeichnung und vor der weiblichen Nachsilbe „-in“ platziert. Beispielsweise:

Autor:in
Dozent:in
Mitarbeiter:in

Wenn sich der Wortstamm für die männliche und weibliche Form unterscheidet, gilt:

bisher besser
Arzt, Ärztin Ärzt:in
Kollege, Kollegin Kolleg:in
Student, Studentin Student:innen

Hinweis zur Aussprache
Ärzt:in wird beispielsweise Ärzt [kleine Pause] in ausgesprochen. In gesprochener Form ist die kleine Pause, auch Glottisschlag genannt, die phonetische Entsprechung des Gender-Doppelpunkts. Diese kurze Sprechpause wird auch bei mehrsilbigen Wörtern (beispielweise be-inhalten) und zusammengesetzten Substantiven genutzt (beispielweise Spiegel-ei).

Artikel

Die Verwendung des Doppelpunkts sollte auch die Formulierung der Artikel einschließen. Beispielsweise:

der:die Autor:in
ein:e Beschäftigte:r

Pronomen

Um alle Geschlechter zu adressieren, wird empfohlen auf individuelle Pronomen zu verzichten. Beispielsweise:

bisher besser
sein, ihr Anliegen Das Anliegen von Vorname Nachname

Geschlechtsspezifische Pronomen können durch neutrale Formulierungen ersetzt werden. Beispielsweise:

bisher besser
Jeder, der am Projekt mitwirkt…    Wer am Projekt mitwirkt…
Alle, die am Projekt mitwirken…
Diejenigen, die am Projekt mitwirken…
Auch möglich: Jede:r, der:die am Projekt mitwirkt…

Hinweis zur individuellen Anrede
Wenn die Möglichkeit zum persönlichen Austausch oder zur Nachfrage besteht, kann die Frage nach dem gewünschten Pronomen ein Zeichen von Wertschätzung sein.

Anreden in E-Mail und Brief

Im deutschen Sprachgebrauch geht die direkte Ansprache einer Person oft mit der Zuweisung eines (angenommenen) Geschlechts einher: Sehr geehrte Frau…/Lieber Herr… Da beim Erstkontakt in der Regel keine persönlichen Informationen zur anderen Person vorliegen, empfiehlt es sich, die Begrüßungsformel so zu formulieren:

Guten Tag Vorname Nachname
Sehr geehrte:r Vorname Nachname
Liebe:r Vorname (Nachname)
Sehr geehrtes Team der Institution
Sehr geehrte Kommissionsmitglieder

Anreden in Formularen und Fragebögen

Ist die Geschlechtsangabe notwendig, gilt es zu beachten, dass zwischen den vier Optionen ausgewählt werden kann, die im Personenstandsrecht verankert sind: männlich, weiblich, divers, keine Angabe.

Empfehlung
Über einen Hinweis in der Mail-Signatur können Sie signalisieren, dass Ihnen geschlechtergerechte Kommunikation wichtig ist: „Bitte teilen Sie uns mit, wenn wir künftig eine andere Anrede als die verwendete nutzen sollen.“

Die eigene Anrede kommunizieren

Sie können an vielen Stellen in Ihrer Kommunikation deutlich machen, dass Ihnen eine geschlechtergerechte Ansprache wichtig ist. Beispielsweise können Sie Ihr eigenes Pronomen an passenden Stellen angeben. Das signalisiert nicht-binären Personen Ihre Offenheit für eine faire Sprachverwendung. Der eigene Name wird dabei um das eigene Pronomen ergänzt (Vorname Nachname, Pronomen). Viele Menschen benutzen entweder das Pronomen er oder sie. Es gibt aber auch zahlreiche weitere Pronomen, wie beispielsweise sier, xier, x, why, they, hen, Anfangsbuchstaben des Namens oder der Name als Pronomen. Einige Personen haben kein Pronomen und weisen auch darauf hin.

Empfehlung
Weisen Sie in Ihrer E-Mail-Signatur, in Anschreiben im Feld Bearbeiter:in, in Fußnoten, bei Zoom oder auf Präsentationsfolien auf Ihr eigenes gewünschtes Pronomen hin.

Geschlechtersensible Kommunikation bedeutet nicht unter allen Umständen und alles zu gendern. Die Verwendung neutraler Wörter bietet sprachliche Alternativen, die allen Geschlechtern gerecht werden.

Neutrale Personenbezeichnungen

die Person, die Personen
das Mitglied, die Mitglieder
die Interessierten
die Beschäftigten
die Universitätsangehörigen
die Studierenden
die Dozierenden

Hinweis zu Partizipien
Beispielsweise wurden unter dem Begriff Studierende als Partizip ursprünglich lediglich Personen verstanden, die im Moment der sprachlichen Verwendung aktiv studieren. Der Begriff umfasste keine Personen, die zwar aktuell immatrikuliert sind, sich jedoch beispielsweise auf einer privaten Reise befinden. Die Sprachgewohnheiten unterliegen jedoch einem gesellschaftlichen Wandel und bundesweit hat sich der Begriff Studierende als Synonym für Student:innen etabliert.

Synonyme Personen(gruppen)bezeichnungen

Begriff Synonym
Ansprechpartner, Ansprechpartnerin Kontakt, Ansprechperson
Damen und Herren Publikum, Gäste
Dozent, Dozentin Lehrkräfte
Experte, Expertin Expertise
Kollege, Kollegin Kollegium
Leiter, Leiterin Leitung, Leitungspersonal
Rektor, Rektorin/Prorektor, Prorektorin Rektorat
Teilnehmerliste Teilnahmeliste
Vertreter, Vertreterin des Mittelbaus Mittelbauvertretung
Vorgesetzter, Vorgesetzte Führungskraft, Führungskräfte
Wissenschaftler, Wissenschaftlerin Forschungsteam

Linktipp
Genderwörterbuch mit vielen Synonymen unter www.geschicktgendern.de

Adjektive nutzen

Um die Zuschreibung von Geschlechtszugehörigkeiten zu umgehen, können Adjektive sprachliche Alternativen bieten. Beispielsweise:

bisher besser
Ärzt:in ärztliches Fachpersonal
Sachbearbeiter:in administratives/verwaltungstechnisches Personal
statt Fachmann fachlicher Rat

Passiv nutzen

Durch die Verwendung von Passiv-Konstruktionen kann der Bezug auf Geschlechtszugehörigkeiten umgangen werden. Beispielsweise:

bisher besser
Reicht der Student die Unterlagen nicht fristgereicht ein… Werden die Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht…
Herausgeber, Herausgeberin Herausgegeben von

Empfehlung
Gendern kann zunächst kompliziert erscheinen. Sprachlich sind der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit kaum Grenzen gesetzt – oftmals genügen kleine Umformulierungen und kreativer Sprachgebrauch. Diese Seite wird fortlaufend aktualisiert. Lassen Sie uns gern wissen, wenn Sie Anregungen haben.

Hörbeispiel: So klingt gendergerechte Sprache für Blinde mit einem Screenreader

Hörbeispiel: So klingt gendergerechte Sprache für Blinde mit einem Screenreader

Geschlechtergerechte Bildsprache

Bilder werden häufig eingesetzt, um Texte und Informationsmaterialien ansprechender zu gestalten oder sogar die Aussage eines Textes zu unterstreichen. Auch diese visuellen Elemente vermitteln unterbewusst Informationen und fördern schlimmstenfalls stereotype Vorurteile. Daher sollten Fotos, Grafiken und Symbole ebenso alle Geschlechter gerecht darstellen. Nutzen Sie unsere geschlechtergerechten Piktogramme für Ihre Veranstaltungen oder beispielsweise Ihre E-Mail-Signatur. Der Leitfaden bietet eine schnelle Übersicht über die Grundlagen geschlechtergerechter Bildsprache.

PIKTOGRAMME  (Intranet-Link)

Piktogramme sollen schnell die wichtigsten Informationen liefern und die Orientierung erleichtern. Mitglieder und Angehörige der Universität Leipzig können die hier angebotenen Piktogramme im Rahmen Tätigkeiten verwenden, bspw. für die Ausschilderung von Örtlichkeiten oder die Ankündigung von Veranstaltungen. Die große Auswahl an Piktogrammen soll die gezielte Ansprache von Zielgruppen sowie die Vermittlung von möglichst exakten Informationen ermöglichen.

Leitfaden: Ausgesprochen Vielfältig

Ausgesprochen vielfältig - Diversitätssensible Kommunikation in Sprache und Bild. Eine Handlungsempfehlung der Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an sächsischen Universitäten und Hochschulen. Als PDF in deutscher Sprache verfügbar (barrierefrei, Leichte Sprache).

Senatsbeschluss

Der Senat der Universität Leipzig hat, auf Bestreben der Stabsstelle Chancengleichheit, erfreulicherweise in der Sitzung am 23. März 2021 folgenden weitergehenden Beschluss gefasst:

  • „Die Universität Leipzig strebt die konsequente sprachliche Gleichbehandlung als selbstverständliche Basis gelingender Gleichstellung aller Menschen an. Daher wird empfohlen, zukünftig (im Zuge von Überarbeitungen oder Neufassungen) in allen zentralen Dokumenten der Universität Leipzig (Ordnungen, Satzungen, Flyer und so weiter) sowie auf der Homepage und den Social Media-Kanälen - den Gender-Doppelpunkt für die Benennung aller Geschlechter zu verwenden, - alternativ auf die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen zu achten.“