1. Können Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universität Leipzig?
Mein erster Studientag, Oktober 2008, ist mir zum größten Teil noch sehr gut in Erinnerung. Alles war neu und die Anlagen der Sportwissenschaftlichen Fakultät wirkten zunächst riesig. Die ersten Wochen und Tage danach bin ich auch oft total verwirrt durch die Hallen am Sportcampus gelaufen ohne jegliche Orientierung, einige Verspätungen zu Seminaren waren damit garantiert. Das Beste an der Umgebung am Sportforum war damals schon die grüne Umgebung und Weitläufigkeit des Areals, wo man sich entspannt zurückziehen konnte.
Die allererste Person, die ich traf, war dann zufällig ein alter Trainingskollege aus Oberhof. Der Sportcampus wirkte zu dieser Zeit noch sehr nostalgisch – aber im positiven Sinne. Ich habe noch in der alten Turnhalle geturnt, in der mein Vater 22 Jahre zuvor schon unter fast gleichen Bedingungen studiert hat, in unserer alten Mensa gegessen und die Vorlesungen in einem eher älteren Hörsaal genossen. Der größte Vorteil in meinen Augen mit Lehrräumen der Sportwissenschaftlichen Fakultät ist, dass man noch Fenster hat und natürliches Licht genießt.
Der erste Tag startete dann ebenfalls noch mit einer vollständig manuellen Einschreibung: Alle Studenten saßen mit verschiedenen Zetteln im Hörsaal und versuchten, einen Platz in ihrem Wunschkurs zu erhalten. Ab und an gab es von verschiedenen Studenten Diskussionen, aber eine Lösung findet sich letzten Endes dennoch. Ich habe die jährliche Einschreibungsprozedur immer sehr genossen und war froh, dass es nicht online geschehen ist. Es war zugleich ein fast familiäres Gefühl und schöner Auftakt in das neue Semester. Wenn ich heute zurückkomme, dann wirkt alles noch wie an meinem ersten Tag bis auf einige Modernisierungen der Studienräume.
2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?
Das Studium der Sportwissenschaft ist abwechslungsreich mit einer guten Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Man bekommt viele Einblicke in verschiedene Forschungsfelder, welche mir bis heute alle im täglichen Beruf wieder begegnen. Speziell der theoretische Hintergrund hilft mir im täglichen Trainerberuf, um Vorgänge auf wissenschaftlicher Basis und Erkenntnissen zu hinterfragen. Natürlich kam auch der Spaß und Zeit für das ein oder andere Fest nicht zu kurz. Speziell die Skiexkursion, welche oft zunächst misstrauisch von vielen betrachtet wird, ist am Ende wohl die Woche, die man am besten in Erinnerung hat.
3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?
Gezweifelt an meiner Wahl habe ich nie, da ich von Anfang an mit einer klaren Vorstellung von meiner Zukunft ins Studium gestartet bin. Dass es natürlich mit einer Anstellung in Oslo/Norwegen endet, konnte ich mir nicht erträumen. Der einzige Zweifel kam zur Prüfungsvorbereitung in der Sportmedizin auf, hier war der Puls und Vorbereitungsgrad doch am Limit.
4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?
Leistungssport hat mein ganzes Leben bis zum Studienstart bestimmt, daher wollte ich gerne hierher zurückfinden und eine gute Grundausbildung genießen. Zusätzlich gab mir die Universität mit ihren Spezialisierungsrichtungen die Möglichkeit, eine hoch anerkannte Trainerausbildung zu genießen und im Verhältnis zu anderen Standorten mehr theoretischen Hintergrund zu erlangen. Hier sehe ich speziell im Wintersport den größten Vorteil für angehende Trainer.
5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?
Mein Aufenthalt im Ausland via Erasmus hat am meisten dazu beigetragen. Dank einer sehr guten und problemlosen Koordinierung des Akademischen Auslandsamts konnte ich zunächst ein Semester mit Studium und anschließend ein Semester Praktikum in Norwegen ausführen. Eine weitere wichtige Station war die Wintersportausbildung unter Prof. Nitzsche und Prof. Siebert.
6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche Tätigkeit geprägt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer Tätigkeit? Können Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?
Ich nutze täglich Aspekte aus meinem gesamten Studium. Pädagogik, Psychologie, Medizin, Biomechanik, Kraftsport, Übungen von anderen Sportarten, usw. Im beruflichen Alltag erlaubt mir der große theoretische Hintergrund, Aktionen genauer zu analysieren und ruhig zu hinterfragen oder zu korrigieren. Daher ist alles Erlernte aus meiner Studienzeit immer zugegen und hilfreich in den täglichen Arbeitsprozessen. Nur ein Nähkurs sollte in der Wintersportausbildung ggf. in Betracht gezogen werden für zukünftige Trainer im Skispringen (zwecks Anzüge nähen). Die größte Rolle spielen aber die biomechanische Ausbildung und trainingswissenschaftliche Ausbildung. Hier entstehen in jeder Situation Herausforderungen.
7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?
Mein Arbeitstag als Trainer ist sehr variabel. Normalerweise starte ich den Tag am Morgen mit der ersten Trainingseinheit für 2h, gefolgt von organisatorischen Prozessen wie normale Büroarbeit (Kontakt zu Sponsoren, Materialoptimierungen, Planungen des Trainingsalltags, …) und einer erneuten Trainingseinheit. Zeitliche Flexibilität und unbändiger Arbeitswille sind im Trainerberuf unabdingbar.
8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?
- Pädagogik/Psychologie
- Trainingswissenschaft (spezifisch Trainingsplanung)
- Biomechanik im Skispringen
9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?
Einstiegswege sehe ich über ein Praktikum und einer zeitigen Entscheidung für die gewünschte Spezialisierung. Bewerbungen laufen ausschließlich über die Portale der Verbände. Eine persönliche Anfrage bereits während des Studiums zur Teilzeitbeschäftigung kann ebenfalls helfen. Möchte man ins Ausland, dann über ein Erasmusstudium den Mut haben, an verschiedenen Orten anzufragen.
10. Was würden Sie den heutigen Studienanfänger/innen mit auf den Weg geben?
Ich kann jedem zu einem Auslandssemester raten, ob vollständig studienrelevant oder nicht spielt hier keine Rolle. Allein die Erfahrung ist es wert inklusive neuer Kontakte. Des Weiteren nie den Spaß am Studium vergessen und die Zeit einfach genießen. Konzentriert arbeiten, aber nie zu verbissen.
Persönliche Angaben
- Name: Brömel, Carlo
- Geburtsjahrgang: 1988
- Studiengang: Sportwissenschaft
- Jahr der Immatrikulation: 2008
- Jahr der Exmatrikulation: 2012
- Heutiger Arbeitgeber/Position: Kollenhopp/Trainer Skisprung Junioren & Nachwuchsprojekt
(Interview Stand Dezember 2014)