1. Können Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universität Leipzig?
Nachdem die Veranstaltungen in den anderen Fächern ziemlich voll waren und man drohte, in der Masse von Studienanfängern unterzugehen, kam mir das Ägyptologische Institut am ersten Tag wie eine Oase im ganzen Chaos vor. Dort kannte bald jeder jeden und man fühlte sich rasch als Teil der Instituts-Familie.
2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?
Das Studium hat mir die Möglichkeit geboten, mich fast ausschließlich mit Dingen zu beschäftigen, die mich wirklich interessieren, mir dabei meine Zeit relativ frei einzuteilen und mich mit Menschen auszutauschen, die sich für die selben Themen begeistern können.
3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?
Keinen Tag. Wenn ich nicht Ägyptologie studiert hätte, müsste ich mich wahrscheinlich mein Leben lang fragen müssen, was gewesen wäre, wenn es doch getan hätte. Allerdings heißt das nicht, dass ich mir keine Sorgen hinsichtlich der Berufsaussichten gemacht hätte; deshalb habe ich mich während der Promotion entschlossen, Deutsch und Geschichte auf Lehramt zu studieren, um mir ein zweites Standbein zu verschaffen.
4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?
Leidenschaft fürs Fach, die davon ausgehende Faszination und eine Neugierde auf die Geheimnisse dieser alten Kultur waren entscheidend für meine Studienwahl. Nach einer ersten Begegnung mit dem Land am Nil während einer Reise nach Ägypten im letzten Schuljahr stand die Entscheidung für mich dann unumstößlich fest.
5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?
Die Aufnahme in die Promotionsförderung des Cusanuswerks war neben dem Abschluss des Magisterstudiums zweifellos die wichtigste Station, da sie es mir ermöglichte, mein Ägyptologiestudium mit einer Doktorarbeit zu krönen. Anschließend habe ich Seminare am Institut gehalten und mich vor allem auf das Staatsexamen vorbereitet, das mir letztlich den Übertritt ins Referendariat und schließlich in den bayerischen Schuldienst ermöglichte.
6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche Tätigkeit geprägt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer Tätigkeit? Können Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?
Als Geschichtslehrerin unterrichte ich Ägypten zwar nur in der Unterstufe, aber es gibt vielfältige Möglichkeiten, auch das ägyptologische Fachwissen im Schuldienst sinnvoll einzubringen. Beispielsweise biete ich ein Seminar zum Thema „Das alte Ägypten“ für die Oberstufe an, arbeite an dem Projekt „Ägypten in der Schule“, um Fortbildungen für Lehrer durchzuführen, und schreibe aktuell an einem Schulbuchkapitel zum alten Ägypten, um die in den Lernwerken immer noch kursierenden fachlichen Mängel auszubessern und die Inhalte auf den aktuellen Forschungsstand zu bringen.
7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?
Ein typischer Schultag läuft genauso ab, wie die meisten ihn aus ihrer eigenen Schulzeit kennen; ein weit verbreiter Irrtum ist es allerdings, dass man als Lehrer nach Unterrichtsschluss frei hat, dann geht es nämlich erst los mit Stundenvorbereitungen, Korrekturen und den ganzen organisatorischen Aufgaben sowie zusätzlichen Aktivitäten, die an einer Schule anstehen - und dann hoffe ich immer, dass noch etwas Zeit bleibt, um mich meinen wissenschaftlichen Interessen zu widmen.
8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?
Gelassenheit, fachliche Kompetenz, Organisationstalent
9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?
Man sollte sich nicht unbedingt auf einen zu eingeschränkten Bereich fixieren, sondern offen sein für alternative Möglichkeiten. Zumindest hab ich auf diese Weise festgestellt, dass man als Ägyptologe an einer Schule genauso zufrieden sein kann wie an der Uni oder an einem Museum und es durchaus möglich ist, Schule und Ägyptologie erfolgreich zu verbinden.
10. Was würden Sie den heutigen Studienanfänger/innen mit auf den Weg geben?
Die Möglichkeiten, die die Schule zur Vorbereitung aufs Studium bietet, sollte man nicht ungenutzt lassen, denn wo sonst werden die Grundlagen gelegt. Wer erst an der Uni anfängt, seine Wissenslücken zu schließen, d. h. sich mit Grammatik und Fremdsprachen beschäftigt, oder sich effektive Lerntechniken anzutrainieren, dem wächst das Studium schnell über den Kopf. Man muss also rechtzeitig lernen, die Verantwortung für sein eigenes Lernen und ein erfolgreiches Studium zu übernehmen.
Persönliche Angaben
- Vorname, Name: Dr. Nadja Braun
- Geburtsjahrgang: 1976
- Studiengang: Ägyptologie, Germanistik, Mittlere und Neuere Geschichte (Magister); Lehramt Deutsch und Geschichte (Staatsexamen)
- Jahr der Immatrikulation: 1996
- Jahr der Exmatrikulation: 2008
- Heutiger Arbeitgeber/ Position: Studienrätin für Deutsch und Geschichte am Hochfranken-Gymnasium Naila (Bayern)
Interview Stand Juni 2013