Pressemitteilung 2003/118 vom

Botanischer Garten der Universität verbindet Augenweide mit Forschung

Auf einer Schmetterlingsfarm in Costa Rica, auf den Philippinen oder in Thailand lebten Sie als Ei und schlüpften als Raupe. Als Puppe sind sie derzeit auf ihrer Weltreise, die sie über London nach Leipzig führen wird. Und in den tropischen Gewächshäusern des Botanischen Gartens der Universität Leipzig werden sie den zwar letzten aber wahrscheinlich schönsten Teil ihres Lebens verbringen: Als Schmetterlinge umherflattern, Nektar saugen und sich der Liebe hingeben.

Am 18. April 2003 öffnet die diesjährige, mittlerweile 7. Schmetterlingsausstellung. Bis dahin ruht die erste "Besatzung" in sogenannten Puppenwiegen und dämmert ihrem großen Auftritt entgegen. Nach dem Schlüpfen entpuppen sie sich dann beispielsweise als Monarch- oder Passionsblumenfalter, als Schwalbenschwanz, Glasflügler oder ... Baumnymphe?. Manche der Arten leben nur ein paar Tage als Schmetterling, andere ein paar Wochen. Deshalb werden auch wöchentlich neue Puppen geliefert. Doch viele der Bewohner auf Zeit pflanzen sich - wie es sich auch in freier Wildbahn abspielen würde - auch im Gewächshaus fort und ihre Nachkommen durchleben die gesamte Metamorphose. Dadurch leben während der Ausstellung immer auch Eier, Larven und Puppen in den Gewächshäusern. "Theoretisch könnten wir den Lebens-Zyklus der Schmetterlinge rund ums Jahr aufrecht erhalten", erläutert Matthias Schwieger, technischer Leiter des Gartens. "Aber das wäre mit enormem Aufwand verbunden, denn wir müssten nicht nur für entsprechende Temperaturen sorgen, sondern den mitteleuropäischen Winter für unsere sonnenverwöhnten Gäste ständig mit starken Lichtquellen erhellen."

Aber immerhin bleibt den Besuchern ein rundes halbes Jahr, um sich am Flattern und an den Farben der exotischen Insekten zu erfreuen. Auch wenn die Gewächshäuser dann geöffnet (siehe Öffnungszeiten) sind, rät Schwieger: "Wer einen Regentag für eine Exkursion zu uns nutzen möchte, sollte Zeit mitbringen um die dann nicht ganz so aktiven Sonnenkinder auch sitzend oder deren Raupen und Puppen in Ruhe beobachten zu können". Aber schließlich lockt ja auch die tropische Fülle an faszinierenden Pflanzen in die Gewächshäuser.

Die flatternden Mitbewohner sind für die Pflanzen der tropischen Warmhäuser ein willkommener Besuch. Denn immerhin tun sie ihren natürlichen Job und bestäuben die Blüten. "Ob wir dadurch wirklich mehr Samen ernten und zum Tausch mit anderen Botanischen Gärten anbieten können", so Schwieger, "ist derzeit nur zu vermuten. Die ersten Ausstellungen waren noch in den alten Gewächshausern, insofern sind die neuen Daten noch nicht repräsentativ."

Angst davor, dass sich die gefräßigen Raupen hemmungslos über die Kostbarkeiten der botanischen Sammlung hermachen könnten, ist übrigens weitestgehend unbegründet. "Raupen sind in der Regel wählerisch, ihr Appetit ist berechenbar. Wir bieten ihnen ihr spezielles Futter an. Und die Generalisten, echte Fressmaschinen' sozusagen holen wir uns erst gar nicht hierher", beruhigt Schwieger. "Außerdem werden den Schmetterlinge Extras serviert, in Form von, künstlichem Nektar und Honig."

Die Schmetterlingsausstellung wird allerdings nicht nur zur Freude der Besucher, sondern soll Wissenschaftlern bei der Beantwortung ökologischer Fragestellungen helfen. So geht es unter anderem darum, den Mechanismus eingehend zu ergründen, der die Schmetterlinge zu den Nektarquellen führt. Oder die "Geschmacksverirrung", die eine Raupe dazu bringt, eine Pflanze zu verzehren, die ursprünglich nicht zu ihren Nahrungsquellen zählt. Das ist übrigens auch schon während einer Leipziger Ausstellung passiert; damals fanden bestimmte Bananenfalter an einer ihnen eigentlich unbekannten Palmenart Geschmack.

Im Leipziger Schmetterlingshaus werden dieses Jahr ca. 50 verschiedene Arten zu erleben sein. Insgesamt wurden weltweit rund 200.000 Arten erfasst, aus Europa sind 8.500 bekannt. In Sachsen wurden immerhin 2.160 frei lebende Arten gezählt. Insofern lohnt es auch, in den Außenanlagen des Botanischen Gartens Ausschau nach schönen Faltern zu halten.