Pressemitteilung 2004/050 vom

IFOMIS Leipzig unterzeichnet Vertrag in Brüssel für seine Mitwirkung an einem Network of Excellence innerhalb des 6. Rahmenprogrammes der EU. - Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Seattle bezüglich der Konstruktion eines digitalen Anatomie-Programmes für einen "virtuellen Soldaten".

Das IFOMIS (Institute for Formal Ontology and Medical Information Science an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig) unterschrieb zum Ausgang des alten Jahres in Brüssel den Vertrag zur Etablierung eines Europäischen Wissenschaftsprogramms (Network of Excellence on Medical Informatics and Semantic Data Mining innerhalb des 6. Rahmenprogrammes für Forschung und technologische Entwicklung). Die Ontologie der Biomedizin, ein neuer Zweig der Philosophie, ist eine der sieben Forschungsgebiete dem, innerhalb dieses Netztwerks primäre Bedeutung beigemessen wird. Insgesamt 16 europäische Einrichtungen sind an dem Netzwerk beteiligt, wovon IFOMIS der einzige Partner ist, der sich speziell auf die Ontologie als Branche der Philosophie fokusiert hat.

Das Leipziger Programm ist dotiert mit rund 300.000 Euro. Inhaltlich beschäftigt sich das Projekt mit der Bearbeitung und Integration von biomedizinischen Informationen. Die zahlreichen Quellen solcher Informationen arbeiten mit verschiedenen Fach- und sprachbezogenen Terminologien. Ziel der Ontologie ist es, einen einheitlichen Zugang zu den verschiedenen biomedizinischen Begriffssystemen zu schaffen und so die Navigation zwischen ihnen zu ermöglichen. Damit will man medizinische Phänomene besser verstehen, um letztendlich wirksamer eingreifen zu können.

Bisherige Ansätze in der biomedizinischen Informatik waren zumeist nicht auf klare Konzeptualisierungen basiert. Das bedeutet einen Ansatzpunkt für die Philosophie als Bindeglied zwischen Informatik und Medizin. Genau hier setzt die interdisziplinäre Arbeit der Gruppe um den Philosophen Barry Smith an, der die Arbeit am IFOMIS leitet und als Wolfgang-Paul-Preisträger vor zwei Jahren nach Leipzig kam.

"Es kommt darauf an, beide Seiten zu verstehen", erklärt Prof. Smith. "Das Problem ist, das die gängigen Modelle, die durch Informatiker für die Darstellung biologischer Strukturen entwickelt wurden, nicht unbedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Die Biologen wollen aber nur ungern die Informatiker kritisieren."

Die Gruppe von Smith arbeitet inzwischen mit einer Forschergruppe aus Seattle, die an einem sog. "Digital Atlas" des menschlichen Körpers arbeitet, mit dessen Hilfe man regelrecht durch den Körper schwimmen kann. Das Projekt ist u. a. vom Pentagon gefördert, denn mit Hilfe des digitalen Anatomieprogramms will man einen sog. "virtuellen Soldaten" konstruieren, der es erlauben würde, die physiologischen Prozesse, die mit verschiedenen Kampfsituationen verbunden sind, am Rechner zu simulieren. "Von uns als einzigem Institut der Welt, das Philosophie auf diese Weise anwendet, erhoffen sich das Digital Anatomist Team in Seattle ganz neue Impulse für ihre Arbeit". Für Smith und seine Mitarbeiter ist dies ein willkommener Motivationsschub, von dem man sich ganz neue Möglichkeiten für die eigene Arbeit erhofft.