Pressemitteilung 1999/008 vom

Strahlentherapie - für viele nach wie vor ein Wort mit Beigeschmack. Krebs, Leiden und Tod sind Begriffe, die damit einhergehen. Dass die Strahlentherapie in den letzten Jahren eine geradezu revolutionäre Entwicklung durchgemacht hat und den Patienten zunehmend besser geholfen werden kann, ist im Bewußtsein der Menschen kaum verankert. Natürlich können Wunder nicht vollbracht werden, aber kleine technische Wunder gibt es schon.

In der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie unter Leitung von Prof. Dr. med. Friedrich Kamprad gibt es seit Ende des letzten Jahres die sogenannte "Multi-Life-Technik", die eine genaue Ausformung des Bestrahlungsfeldes ermöglicht und praktisch automatisch abarbeitet, was früher mit großem Aufwand errechnet und eingestellt werden musste. Voraussetzung ist eine computergestützte Vernetzung aller Prozesse - von der exakten Diagnosestellung und Lokalisierung der Geschwulst über die Berechnung der Bestrahlungsdaten, etwa dreidimensionale Form des Bestrahlungsfeldes, Art der Strahlung, Intensität der Strahlung bis zur Bestrahlung selbst. Dass diese weit schonender und sicherer ausfällt liegt auf der Hand, werden doch 95 Prozent der anfallenden Strahlen auf die Geschwulst gelenkt und umliegende Gewebeschichten weitgehend außen vor gelassen. Der Behandlungserfolg fällt so natürlich wesentlich besser aus.

Der menschliche Faktor ist dabei dennoch gefragt. Die Verantwortung der Mitarbeiterin, die die Erstdaten eingibt, ist besonders hoch, lösen doch kleine Fehler hier nachfolgend ganze Fehlerlawinen aus. Deshalb sind etliche Sicherheitsstufen eingebaut, die das Bestrahlungsfeld kontrollieren, indem per Computer virtuell die Kongruenz von Feld und Geschwulst überprüft wird. Bestrahlt wird erst, wenn alles übereinstimmt.

Jedes Jahr werden in der Klinik ca. 2.000 neue Patienten aufgenommen. Das bedeutet, die Mitarbeiter sind für mehr als 100.000 Bestrahlungen pro Jahr zuständig. Mehr als 100.000 mal kommen Menschen, die an Brustkrebs, Lungenkrebs, Tumoren des Kopfes und anderem leiden, darunter auch Kinder, mit der Hoffnung zur Bestrahlung, dass ihnen hier geholfen werden kann.

Selbstverständlich darf der Patient nicht das Gefühl haben, der Technik ausgeliefert zu sein. Prof. Kamprad fordert von jedem seiner Mitarbeiter, dass er mit dem Patienten spricht, ihn vorbereitet auf das, was auf ihn zukommt. Er plädiert für die psychologisch gut durchdachte, feinfühlige Führung des Patienten durch den behandelnden Arzt. "Erwiesenermaßen ist der behandelnde Arzt der beste psychologische Berater des schwer erkrankten Patienten. Er weiß am besten über die Krankheit Bescheid, von ihm will der Kranke am ehesten wissen, was mit ihm passiert, was er zu erwarten hat. Man kann die Verantwortung dafür nicht wegdelegieren, indem man den kranken Menschen zum Psychologen schickt." Wie gut dieses Konzept in Kamprads Klinik funktioniert, weiß man, wenn man mit denen spricht, die hierher zur Behandlung kamen.

Prof. Friedrich Kamprad wurde kürzlich 60 Jahre alt. Ihm zu Ehren findet am 19. Februar ein wissenschaftliches Symposium statt, an dem namhafte Berufskollegen aus ganz Deutschland teilnehmen.