Pressemitteilung 2015/172 vom

Als Ergebnis ihrer lokalen Spurensuche hat die Arbeitsgruppe (AG) Postkolonial, der überwiegend Promovierende der Universität Leipzig angehören, einen Stadtplan der ganz neuen und alternativen Art veröffentlicht. "Auf postkolonialen Spuren in Leipzig" heißt die soeben erschienene Publikation, die mit Unterstützung der Institute für Afrikanistik und Ethnologie der Universität Leipzig realisiert wurde. Im Rahmen des Programms "Leipzig. Orte der Vielfalt" wurde das Projekt von der Stadt finanziell gefördert.

Die AG Postkolonial im Leipziger Verein Engagierte Wissenschaft interessiert sich für (post-)koloniale Geschichten und damit verbundene Theorien. Das Projekt "Leipzig postkolonial", aus dem der Stadtplan hervorgegangen ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, koloniale Spuren und postkoloniale Kontinuitäten im Leipziger Stadtbild sichtbar zu machen und diese vor allem auch öffentlich zu diskutieren. Bereits seit einigen Jahren bieten die kritischen Nachwuchswissenschaftler darüber hinaus regelmäßig Stadtführungen zum Thema an. "Ohne Kenntnisse kolonialer Geschichte können wir aktuelle Verhältnisse nicht verstehen und nur schwerlich verändern", erklärt Natascha Bing, Mitherausgeberin des Stadtplans, die derzeit am Institut für Afrikanistik promoviert. "Zentrale Probleme wie Rassismus, globale Ausbeutung und Ungleichheit bestimmen bis heute unsere Wirklichkeit. Daher ist es notwendig, die vielfältige Leipziger Stadtgeschichte um eine kritische Auseinandersetzung mit den Wechselbeziehungen von kolonialen uns postkolonialen Strukturen zu ergänzen."

"Mit dem Stadtplan wurde eine extrem ansprechende und informative Karte der Leipziger Innerstadt veröffentlicht", sagt Prof. Dr. Ursula Rao, Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Ethnologie. "Interessierte Leser und aufmerksame Besucher erfahren etwas über Orte des Widerstands gegen Unrechtsregime in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und lernen jene Orte kennen, die in koloniale Ausbeutung und rassistische Diskriminierung verwickelt waren", fährt sie fort. Der Stadtplan erzähle vom alltäglichen Wirtschaftsleben, von der Geschichte der Universität und von bis heute bekannten Institutionen der Stadt. "Er stillt den Wissensdurst kritischer Bewohner, bietet hervorragendes pädagogisches Material für Schulen und nimmt Interessierte an die Hand bei ihrer Entdeckungsreise durch Leipzigs Geschichte."

Die verzeichneten Orte, die (un)sichtbare (post)koloniale Spuren im Leipziger Stadtbild sichtbar machen, sind vielen Leipzigern und Besuchern der Stadt vertraut und reichen von der Universität (Sächsisches Forschungsinstitut für Völkerkunde) über den Clara-Zetkin-Park (Deutsch-Ostafrikanische Ausstellung 1897) und die Stadtbibliothek (ehemaliges Museum für Völkerkunde) bis hin zum Areal des Völkerschlachtdenkmals und zum Zoo (von der Völkerschau zum Afrika-Abend). "Dennoch werden die an diesen viel besuchten Orten zu findenden geschichtlichen Spuren allzu oft übersehen, auch weil Hinweise fehlen", so Natascha Bing. "Das ändern wir mit unserem Stadtplan und ergänzen die offizielle Geschichte Leipzigs im Jahr des tausendjährigen Jubiläums um eine kolonialgeschichtliche Perspektive."

Der ungewöhnliche Stadtplan, der sehr anschaulich und optisch ansprechend aufbereitet wurde, widmet sich den Themengebieten "Rassistische Zustände und Widerstand", "Erinnerungspolitik", "Handel und Ausbeutung", "Menschen ausstellen" und "Wissenschaft". Im Moment ist er ausschließlich direkt von der AG Postkolonial im Leipziger Verein Engagierte Wissenschaft als unverkäufliches Muster beziehbar. Bestellungen sind per E-Mail möglich. Die erste Auflage ist limitiert. Die Zusendung erfolgt nur solange der Vorrat reicht. Bei entsprechender Nachfrage ist eine zweite verkäufliche Auflage, auch in englischer Sprache, geplant.