Pressemitteilung 2002/024 vom

Zwei Wissenschaftlerinnen der Universität Leipzig arbeiten an einem Forschungsprojekt, mit dessen Hilfe Tierversuche zur Untersuchung entzündungshemmender Wirkungen von neuen Arzneimitteln zurückgedrängt bzw. vermieden werden können

Unter den bereits bestehenden In-vitro-Methoden gibt es nur sehr wenige, die als Ersatz für bestimmte Tierversuche entwickelt wurden. Das gilt auch für Entzündungsmodelle. Bei diesen Modellen wird die Reaktion des tierischen Organismus oder seiner Gewebe gegen verschiedenartige (schädigende) Reize getestet mit dem Ziel, die krankheitserregende Ursache und ihre Auswirkungen zu beseitigen. Dabei spielen Veränderungen im Immunsystem, verbunden mit der übermäßigen Freisetzung von hormonähnlichen Wirkstoffen, so genannte Mediatoren wie z. B. Zytokine, Sauerstoffradikale und Lipide, im Entzündungsgeschehen eine zentrale Rolle.

Den Organismus bei der Abwehr der Agenzien, z. B. Viren, Bakterien, Pilzen oder Parasiten, aber auch chemischen Substanzen, die eine Entzündung hervorrufen können, zu unterstützen, ist der Ausgangspunkt bei der Suche nach neuen Arzneimitteln. Bei ihrer Entwicklung wurden die Wirkungen auf das Immunsystem bisher jedoch nur unzureichend untersucht, oder es werden Tierversuche durchgeführt, die mit großen Belastungen für die verwendeten Tiere verbunden sind. Vor allem die Suche nach wirksamen Substanzen hat oft einen unerwünschten Nebeneffekt: Die chemischen Stoffe können Entzündungen einleiten, die sich dann verheerend auf den tierischen Organismus auswirken. Da aber in den nächsten Jahren verstärkt neue Therapiestrategien zur Behandlung von Entzündungen und damit auch die Einführung neuer Wirkstoffe, u. a. monoklonale Antikörper, zu erwarten sind, eine Ausdehnung der Tierversuche aber nicht praktikabel ist, müssen einfache Suchtestmodelle entwickelt werden.

Die Arbeitsgruppe um Frau Professor Karen Nieber, Institut für Pharmazie, und Frau Professor Sunna Hauschildt, Institut für Zoologie an der Leipziger Universität, hat das Forschungsvorhaben "Humane Monozyten/Makrophagen als Ersatz für Tierversuche bei Untersuchungen zur entzündungsfördernden oder -hemmenden Wirkung von neuen Pharmaka" erarbeitet, das mit rund 13.300 Euro aus Mitteln der Ernst-von-Weber-Stiftung gefördert wird. Die Pharmakologin und die Immunologin wollen gemeinsam auf der Basis von menschlichen Zellen, die am Entzündungsprozess beteiligt sind, ein Ersatzmodell entwickeln. An Hand einfach zu ermittelnder Parameter sollen unerwünschte entzündungsfördernde Wirkungen erkannt werden. Ziel ist es, das gleiche Testmodell auch zur Charakterisierung von antientzündlichen Effekten neuer Wirkstoffe einzusetzen und damit Tierversuche in der präklinischen Entwicklung von Arzneistoffen einsparen zu helfen.

Die Wissenschaftlerinnen wollen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern durch die Bestimmung der Freisetzung immunologischer Mediatoren an humanen Monozyten zusammen mit einer statistisch abgesicherten Quantifizierung der Messparameter ein definiertes In-vitro-System etablieren, von dem zu erwarten ist, dass es den zu ersetzenden Tiermodellen in seiner Aussage ebenbürtig ist.

Wenn das Testmodell gleiche entzündungsfördernde und -hemmende Substanzen wie die bisher eingesetzten Tiermodelle erkennt, könnte das In-vitro-Testsystem schrittweise die aufwändigen und kostenintensiven Tiermodelle ersetzen.