Steckbrief

  • Länge des Aufenthalts

    08.02.2024 – 28.06.2024
  • Lehrsprache

    Englisch
  • Studienrichtung

    Informatik und Mathematik
  • Studiengang, Studienabschluss

    Data Science M. Sc., Master of Science
  • Förderprogramm

    Erasmus+
  • War Ihr Studium im Ausland freiwillig oder obligatorisch in Ihrem Studium vorgeschrieben?

    Freiwillig
  • Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium im Ausland erfüllt?

    Erfüllt
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  • Instagram Account

  • veröffentlicht am

Vor dem Studium im Ausland

Nach längerem Engagement bei dem Erasmus-Student-Network, auf das ich durch Freunde aufmerksam wurde, wollte ich auch einmal tief in eine andere Kultur eintauchen, sowohl in Bezug auf das Studium als auch auf die Lebensweise generell. Die University of Crete habe ich gewählt, weil sie an dem Ort ist, der verfügbar war, und dort auch definitv andere ökonomische Umstände herrschen.

Die Vorbereitung war nicht einfach. Ich wusste zwar schon dass ich das Erasmus+ Stipendium wahrnehmen wollte, trotzdem musste ich erst einmal herausfinden wo und wie ich das beantrage. Die Seite der Stabsstelle Internationales bietet zwar nützliche Checklisten, die Fakultät für Mathematik und Informatik war diesbezüglich deutlich schwammiger. Es war schwer, Verantwortliche überhaupt ausfindig zu machen. Ein wichtiger Schritt war die Auswahl der Standort-Kandidaten. Das Moveon-Portal bietet gute Möglichkeiten, die Optionen zu überblicken, die sprachlich überhaupt kompatibel sind. Trotzdem muss man auch prüfen, ob der Semesterstart der anderen Hochschule irgendwie vereinbar ist mit dem Studium zuhause. Ich empfehle eine Excel-Tabelle wo man generell interessante Orte einträgt, und anschließend Fakultätswebsites, Ansprechpartner, Semesterstart usw. einträgt. So wird sich die Auswahl schnell einschränken. So kam ich auf meine Auswahl, mit der ich mich bei meinem Koordinator bewarb. Am Ende bekam ich die Nominierung für Kreta. Dann ging es an das Zusammenstellen der Module. Ich würde die erste Auswahl nicht zu ernst nehmen, da fast garantiert Änderungen vor Ort nötig werden. Unter Vorbehalten habe ich mir bei meinem Studienbüro bestätigen lassen, dass die Auswahl ok ist (leider ohne irgendeine belastbare Bestätigung) und anschließend die Auswahl an meinen Koordinator in Leipzig gesendet. Der hat klaglos unterschrieben, auch Frau Skoutani auf Kreta hat mir schnell eine digital unterschriebene Version zukommen lassen. Generell kam ich mir ziemlich hilflos vor, später im Ausland habe ich auch erfahren dürfen, dass es andere Universitäten sehr viel leichter machen (zum Beispiel durch Online-Formulare). Der wohl größte Aufwand war es, meine Dozierenden zu überzeugen, mir eine frühere Prüfung anzubieten, da ich schon im frühen Februar nach Kreta musste. Dies gelang großteils, aber es waren eine Menge Mails, Lösungsvorschläge und Gespräche nötig. Außerdem habe ich begonnen Griechisch zu üben. Für Vokabeln empfehle ich Duolingo und vorgefertigte Anki-Vokabeldecks, für die Sprache und Grammatik empfehle ich eine andere kostenlose App namens Language Transfer. Die Unterkunft fand ich über Facebook in einer Gruppe des ESN Heraklion. Man muss anmerken dass selbst in dieser moderierten Gruppe viele VermieterInnen definitiv dubios waren, und sich auch einige später als kriminell herausgestellt haben. Im Zweifelsfall sollte man im Frühling eine Unterkunft auf Airbnb oder in einem Hostel buchen, und sich vor Ort umhören ob etwas zu finden ist.

In Leipzig konnte ich keinen Sprachkurs für Griechisch finden. Das Alphabet im Vorhinein zu lernen hat sich sehr gelohnt, ich kann die Language Transfer App sehr empfehlen, sie bietet tolle Einblicke in die griechische Sprache.

Während des Studiums im Ausland

Die Lehre und Betreuung in der University of Crete war exzellent, viel besser als in Leipzig oder auch Jena, wo ich meinen Bachelor absolviert habe. Dafür ist sie deutlich anspruchsvoller als in Leipzig. Es gibt in einigen Modulen Anwesenheitsbenotung, Hausaufgaben fließen in die Note ein, oft muss sowohl ein Projekt als auch eine Klausur abgeschlossen werden. Das wohl leichteste Modul ist der Griechisch-Kurs für vier Credits, auch wenn der nicht unbedingt effektiver ist als autodidaktisches lernen. Ich konnte die Prüfung auch mit meiner Lernmethode gut bewältigen.

Ich habe in einer WG mit vielen anderen Deutschen gelebt. Grundsätzlich rate ich zu großer Vorsicht und Misstrauen bezüglich der VermieterInnen. Es gab illegale Räumungen unter schwerer physischer Bedrohung und eine Polizei die dabei wegschaut. Zahllose Kautionen wurden fragwürdig einbehalten. Es gibt viele VermieterInnen, die nur an AusländerInnen vermieten, und sich ihrer Machtposition bewusst sind. Oft wollen sie die Studierenden während der Tourismus-Saison loswerden, um teuer an Touristen zu vermieten. Da sollte man aufmerksam darauf achten, ob man sich vielleicht schon mal nach was anderem umsehen sollte. Facebook schien der Ort der Wahl für die Wohnungssuche zu sein.

Von der Förderung alleine hätte ich unmöglich leben können, aber mit den Einkünften von denen ich auch in Leipzig lebe war ein gutes Leben möglich. Abseits von Reisen werde ich etwa 1000€ im Monat ausgegeben haben, bei einem eher genießerischen Lebensstil. Wichtige Zusatzkosten waren die gestohlene Kaution durch meine Vermieterin, außerdem muss man für fast alles ein Auto mieten. Wir haben idR. mit Vollkasko 25€ pro Tag für einen Kleinwagen gezahlt.

Zunächst einmal habe ich erlebt, dass sehr viele Klischees über GriechInnen komplett falsch sind. Faulheit kann man keineswegs vorwerfen, gleichzeitig habe ich die Offenherzigkeit eher als oberflächlich wahrgenommen, was daran liegen kann, dass die Locals wenig Zeit haben bei ihren Arbeitspensen. Ich habe außerdem erlebt, wie sich die reduzierte Rechtssicherheit eines Fremden anfühlt. Zum Glück war ich nicht stark betroffen, aber andere internationale Studierende haben echt harte Kriminalität erfahren, teilweise sogar mit der expliziten Aussage, dass sie als AusländerInnen eh nichts machen können. Was ich auch erlebt habe, ist die enorme Energie der internationalen Community. Es gibt sehr viele Leute, die sehr viele Ideen haben für Ausflüge und vieles Mehr. Und die werden auch umgesetzt. Die Regelmäßigkeit und Intensität des Erasmus-Lebens möchte ich gerne in mein Leben in Deutschland mitnehmen. Und ich habe erlebt wie gut wir es in Deutschland haben. Viele junge GriechInnen waren nicht weniger als verzweifelt. Bei nicht viel geringeren Lebenshaltungskosten als in Deutschland werden hier auch Berufe wie Cloud-Engineer mit vielleicht einem Viertel des deutschen Gehalts bezahlt. Die jungen Leute wollen nicht gehen, aber sie müssen, wenn sie jemals eine Familie oder generell irgendetwas haben wollen. In Deutschland gibt es viel zu verbessern, aber wir haben es wirklich gut. Außerdem war es sehr interessant, die feinen Unterschiede zwischen den europäischen Kulturen zu bemerken, und einen Umgang mit gewissen Unterschieden zu erlernen. Immer wieder bemerkt man, dass bezüglich unterschiedlichster Sachen unterschiedliche Selbstverständlichkeiten bestehen. Geheimtipps für andere: Geht an den Kateros-Strand, Ammoudara ist nicht besonders schön. Geht auf jeden Fall Schnorcheln, es gibt wahnsinnig schöne Orte. Viele andere Sachen werdet ihr sicher von längerfristigen Internationals erzählt bekommen.

Nach dem Studium im Ausland

Auch wenn das Studienbüro jegliche Versprechen und Bestätigungen im Learning-Agreement abstritt, lief die Anerkennung dann trotzdem relativ Reibungslos. Ich denke man hätte eine Art vorab-Antrag bei dem Prüfungsausschuss stellen können, nachdem das vor Ort angepasste Learning Agreement bestätigt war. Dann hätte man nur noch die Noten eintragen müssen.

Nach meiner Rückkehr war ich erst viel unterwegs in Deutschland um Freunde und Familie zu besuchen. Im Resultat habe ich sehr lange Unklarheit gehabt was mich in Leipzig erwarten würde, das kann ich nicht unbedingt empfehlen. Ich würde im Rückblick eher rasch nach Leipzig zurückkehren, und mich mit alten Freunden treffen. Ich würde auch empfehlen, ein paar bedeutsame gemeinsame Events miteinander bereits vor der Heimreise zu planen. Ich musste viele einzelne Treffen auf Kaffees usw. verabreden, und selbst Monate nach meiner Ankunft in Deutschland sind die meisten Freundschaften (noch) nicht das, was sie mal waren. Außerdem musste ich mich daran gewöhnen, dass die meisten in Leipzig einen deutlich langsameren Lebensrythmus haben und weniger bereit sind, Dinge zu unternehmen. Das ist verständlich, mir ging es vor dem Auslandsaufenthalt nicht anders.

Weil es dem Leben Inhalt bietet. Außerdem fördert man Empathie mit Menschen aus anderen Kulturen. Sowohl im Ausland als auch zuhause.