Die Projekte im Cluster Ownership werden besonderes Augenmerk auf die Schnittstelle von Materialität, Recht und Geschichte legen. Fragen der Vertreibung, des Verlustes und der wechselnden Eigentümer von beweglichen und unbeweglichen Objekten infolge von Migration, Flucht, Vertreibung und Zerstörung in unterschiedlichen geografischen und historischen Kontexten bilden dabei den Kern des Interesses der Untersuchungen.
Ansätze aus der Rechtsgeschichte und der Provenienzforschung werden mit denen aus der Sozial-, Kultur- und Politikgeschichte in Dialog gebracht. „Eigentum“ im weitesten rechtlichen und anthropologischen Sinne bildet die zentrale Kategorie in diesem Cluster.
Die Nachwirkungen des Holocausts für die europäisch-jüdische materielle Welt, die auch in den Orten nachhallen, in denen Juden Zuflucht fanden, werden ebenso thematisiert wie damit einhergehenden Translokationen von Eigentum. Die einzelnen Studien werden außerdem die bedeutende Rolle reflektieren, die Eigentum, Erbe und materielle Besitztümer für Fragen von jüdischer Zugehörigkeit und Selbstverständnis spielen, sowie die tiefgreifende Bedeutung ihres Verlustes oder ihrer Rückgewinnung in den vielfältigen Prozessen der Verortung und Restitution. Objekte nahmen im Zuge des (Wieder-)Aufbaus jüdischen Lebens und der (Um-)Gestaltung der europäischen materiellen Landschaft im zwanzigsten Jahrhundert umstrittene und sich verändernde Funktionen und Bedeutungen an. Um diese Bedeutungszusammenhänge abzubilden und zu analysieren, werden die Mitglieder dieses Clusters die Wege, Routen und Geschichten von geretteten, beanspruchten, verlorenen, zerstörten, vernachlässigten, verschwundenen und wiederaufgetauchten Objekten rekonstruieren und interpretieren. Auch beschlagnahmtes Eigentum wird eine bedeutende Rolle spielen, angefangen bei den Raub- und „Arisierungs“-Politiken des NS-Regimes im besetzten Europa bis hin zur kommunistischen Aneignung privaten jüdischen Eigentums. So werden Überschreibungen und Aneignungen von Objekten durch nicht-jüdische Nutznießer in Europa untersucht, um ein umfassendes Verständnis des Nachlebens der ehemals jüdischen Artefakte und Besitztümer zu gewinnen. Die Unterscheidung zwischen privatem und kollektivem Eigentum ist hierbei von wesentlicher Bedeutung, wobei Letzteres sowohl das Eigentum von Gemeinden als auch das von jüdischen Organisationen und Verbänden umfasst.
Die Verflechtung von Objekten und Menschen, wie sie sich im rechtlichen Status eines Besitzes ausdrückt, die Kontinuität schafft und das Zugehörigkeitsgefühl zwischen Generationen und Gemeinschaften stärkt, wird den Erfahrungen von Enteignung, Rückgabe und Verlust gegenübergestellt. Dabei werden die vielfältigen Rollen und Werte von Objekten in den Prozessen der jüdischen und nichtjüdischen Erinnerungskultur sowie als Mittel der Selbstdarstellung und Zugehörigkeit in den Vordergrund gerückt.