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Stundenausfall, stark geforderte und teils überforderte Lehrer:innen, klaffende Lücken im Lehrplan und ratlose Schüler:innen: Der Mangel an Lehrkräften hinterlässt an vielen Schulen in Deutschland seine Spuren. Doch was kann man dagegen tun? Vertreter:innen des Universitätsverbunds German U15 haben sich darüber Gedanken gemacht und ein Positionspapier mit Empfehlungen für eine zukunftsweisende Lehrkräftebildung verfasst. Einer der Autoren ist Prof. Dr. Roger Gläser, Prorektor für Talententwicklung der Universität Leipzig. Im Interview spricht er darüber, wo es klemmt, was sich konkret ändern sollte und welche Maßnahmen an der Alma Mater bereits ergriffen wurden.

Wie kam das Positionspapier der German U15 zustande und was sind seine Schwerpunkte?

Bei einer Tagung der German U15 haben wir über den Lehrkräftemangel gesprochen. Auch in den Medien wurde darüber berichtet. Wir haben gesagt: Was könnten wir als forschungsstarke Universitäten, die Lehrkräfte ausbilden, dagegen tun? Aber uns war klar, dass wir das als Universitäten nicht allein schaffen, sondern die Politik dazu brauchen. Wir wollten in dem Positionspapier nicht nur sagen, was andere machen sollen, sondern es auch an uns selbst richten, gewissermaßen als eine Selbstverpflichtung der U15.

In dem Papier heißt es, dass die schulische Bildung vor einem tiefgreifenden Transformationsprozess steht. Wie könnte der aus Ihrer Sicht aussehen?

Der Lehrkräftemangel ist gravierend. Die Prognosen, die wir in den Medien und von Forschenden hören, machen nicht viel Mut: In 2023/24 fehlen bundesweit 37.000 Lehrkräfte. Bis 2035/36 könnten es bis zu 80.000 sein. Das heißt, wir schauen in eine Zukunft, die sehr anspruchsvoll wird. Und weil Schülerinnen und Schüler die Zukunft unserer Gesellschaft sind, haben die U15-Universitäten eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich gezielt mit dem Lehrkräftemangel und dem Betrag der Universitäten dagegen befasst. Das, was die U15-Universitäten empfohlen haben, bewegt sich auf zwei Ebenen: Zum einen das, was wir sofort tun können und zum anderen das, was mittel- und langfristig auf der Agenda steht. Es gibt zwei wesentliche Punkte: Der erste: Man sollte Qualifizierungswege schaffen, die nicht die konventionellen sind. Das gilt vor allem für Quer- und Seiteneinsteiger:innen: Menschen, die in einem anderen Fach berufstätig sind, und nicht auf Lehramt studiert haben, aber in die Branche einsteigen möchten. Das können zum Beispiel Meister aus der Industrie oder Fachexpert:innen sein. Für sie sollte es eine wissenschaftlich fundierte und qualitätsgesicherte Ausbildung geben, mit der sie gut auf die Arbeit mit Schüler:innen vorbereitet werden. Diese Ausbildung muss so angelegt sein, dass sie möglichst in ganz Deutschland angewandt werden kann. Diese Herausforderung könnte man relativ zügig angehen.

Was sind hier die Unterschiede zur bisherigen Ausbildung für Seiteneinsteiger:innen, die es auch an der Universität Leipzig gibt?

Das Quer- und Seiteneinsteigerprogramm läuft bei uns schon eine ganze Weile und sehr gut. Wir haben es aber in das Papier mit aufgenommen, damit sich auch andere Universitäten daran orientieren können. Auch die Schulerfahrung ist für die Studierenden wichtig, damit sie in der Schule ein realistisches Bild von der Schulpraxis bekommen und keine abschreckende Erfahrung machen. Das geht unter anderem damit, dass man diese Schulerfahrung fest im Studium verankert. Bisher gab es aber beim Quer- und Seiteneinstieg noch keine so starke Qualitätssicherung – eine Orientierung an Qualitätsstandards, ähnlich wie beim Abitur. Da ist bundesweit klar vereinbart, welche Kompetenzen man benötigt. Die von uns angeregten Kriterien sind etwa die Feststellung der pädagogischen Eignung oder didaktische Standards zur Unterrichtsvorbereitung.