Kluge Köpfe sind die Träger von Wissen und Bildung einer Gesellschaft. In mehr als 600 Jahren ununterbrochenen Lehrbetriebs wurden an der Universität Leipzig zahlreiche kluge Köpfe ausgebildet. Einige von ihnen erfuhren durch herausragende Leistungen nachhaltigen Ruhm. Diese Tradition setzt sich in der Gegenwart fort: Kluge Köpfe sind nicht von gestern – und einige von ihnen haben in Leipzig studiert oder gelehrt.
Gunter Böhnke (geb. 1943) studierte 1963 bis 1968 an der Universität Leipzig Anglistik, Germanistik und Pädagogik. Danach arbeitete er als Bildredakteur, Dolmetscher und Übersetzer, später wurde er Lektoratsleiter beim Verlag „Edition Leipzig“. Seine eigentliche Leidenschaft galt allerdings dem Kabarett: Während seines Studiums war Böhnke Gründungsmitglied des Studierendenkabaretts „academixer“, von dem er sich jedoch 1990 löste. 1978 wurde er Berufskabarettist und machte sich zehn Jahre später mit Bernd-Lutz Lange als Duo selbstständig. Von 1988 bis 2004 traten Lange und Böhnke zusammen auf diversen Kabarettbühnen in Deutschland auf. Gunter Böhnke ist außerdem als Autor aktiv.
Michael Fuchs (geb. 1968) studierte Humanmedizin an der Universität Leipzig. Parallel dazu absolvierte er ein privates Gesangsstudium. Als international angesehener Phoniater ist er auf die Betreuung von Sängern und Musikern mit Hör- und Stimmstörungen spezialisiert. Seine Forschungen befassen sich mit der Entwicklung der Kinder- und Jugendstimme. In seiner eigenen Jugend war er Mitglied des Leipziger Thomanerchors. Seit 2004 steht er dem weltbekannten Chor als Stimmarzt zur Seite.
Christian Führer (1943 – 2014) war von 1980 bis 2008 Pfarrer an der Leipziger Nikolaikirche. Er war der Initiator der Friedensgebete, aus denen die Montagsdemonstrationen hervorgingen, die entscheidend zur friedlichen Revolution und dem Ende der DDR beitrugen. Christian Führer hat von 1961 bis 1966 Theologie an der Universität Leipzig studiert. 1995 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und erhielt 2005 zusammen mit Michail Gorbatschow den Augsburger Friedenspreis.
Hans-Dietrich Genscher (1927 – 2016) war von 1969 bis 1974 Bundesminister des Innern und von 1974 bis 1992 Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland. Er studierte 1948/1949 an der Universität Leipzig Rechtswissenschaft. Im Jahr 2003 verlieh ihm die Leipziger Juristenfakultät für seine Verdienste auf dem Gebiet des Friedensvölkerrechts, insbesondere im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit, die Ehrendoktorwürde. Als Mitglied im Jubiläumsbeirat der Universität Leipzig unterstützte er 2009 die Vorbereitungen zur 600-Jahr-Feier der Universität.
Eigentlich als Jura-Student eingeschrieben nutze Goethe (1749 – 1832) seine Leipziger Zeit von 1765 bis 1768 dazu, Poetikvorlesungen oder den Zeichenunterricht zu besuchen. Er verliebte sich Käthchen Schönko, die Tochter seiner Gastfamilie. Vom studentischen Treiben und der Sage vom Fassritt in Auerbachs Keller war er so beeindruckt, dass er beiden im „Faust“ ein Denkmal setzte.
Die aus einer deutsch-amerikanischen Familie stammende Alice Hamilton (1869 – 1970) kam 1895 zusammen mit ihrer Schwester Edith Hamilton (1867 – 1963) als erste Gasthörerin an die Universitäten Leipzig und München. Alice Hamilton arbeitete nach ihrem Medizinstudium als Pathologie-Professorin und lehrte ab 1919 als erste Frau an der Harvard University. Bekannt wurde sie auch für ihr soziales Engagement im Hull House, einer bedeutenden Einrichtung der amerikanischen Settlement-Bewegung.
Im Alter von nur 26 Jahren wurde Werner Karl Heisenberg (1901 – 1976) als Professor an die Universität Leipzig berufen, die er mit Friedrich Hund zu einem Zentrum der theoretischen Physik, insbesondere der Kernphysik entwickelte. Nur fünf Jahre später verlieh man ihm für seine Arbeiten zur Quantenmechanik den Nobelpreis für Physik. Heisenberg war von 1946 bis 1970 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik, zunächst in Göttingen, später in München, und arbeitete als Regierungsberater für Wissenschaftspolitik.
Dem Mediziner Wilhelm His (1831 – 1904) ist es zu verdanken, dass das Anatomische Institut der Universität Leipzig 1875 in der Liebigstraße eröffnet werden konnte. Seine fachübergreifenden Arbeiten zu Histologie, Embryologie und Anthropologie waren international richtungsweisend. Außerdem geht die dreidimensionale Darstellung der menschlichen Anatomie auf ihn zurück. Bekanntheit erlangte His auch dadurch, dass er die Gesichtszüge von Johann Sebastian Bach rekonstruierte. Das daraus hervorgegangene Bachdenkmal steht vor dem Südportal der Thomaskirche und wacht bis heute über die Thomaner.
Maybrit Illner (geb. 1965) studierte von 1984 bis 1988 Journalistik an der Universität Leipzig. Von 1992 bis 1998 war sie Moderatorin für das ZDF-Morgenmagazin. Seit Oktober 1999 moderiert sie im ZDF die Polit-Talkshow „Maybrit Illner“ (bis 2007 unter dem Namen „Berlin Mitte“). Sie wurde unter anderem 2004 mit dem Deutschen Fernsehpreis für die beste Informationssendung ausgezeichnet. 2010 bis 2012 moderierte Maybrit Illner zusätzlich das „heute journal“, seit 2002 moderiert sie die Fernsehduelle zur Bundestagswahl.
Verónica Michelle Bachelet Jeria (geb. 1951) ist eine chilenische Chirurgin und Politikerin und seit September 2018 Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen. Von 2006 bis 2010 sowie von 2014 bis 2018 war sie Präsidentin ihres Landes und damit die erste Frau in diesem Amt. Zwischenzeitlich war sie als Direktorin der UN-Frauen-Organisation „UN Women“ tätig. Von 2000 bis 2002 war sie Gesundheitsministerin und von 2002 bis 2006 als erste Frau in Chile Verteidigungsministerin. 1978 studierte sie am Herder-Institut der Universität Leipzig Deutsch als Fremdsprache, anschließend an der Humboldt-Universität zu Berlin Medizin. Im Jahr 2006 wurde ihr für die Entwicklung demokratischer Institutionen in Chile die Leipziger Universitätsmedaille verliehen.
Der Schriftsteller und Kabarettist Erich Kästner (1899 – 1974) finanzierte sein Studium der Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft unter anderem als Theaterkritiker der „Neuen Leipziger Zeitung“. Dort nahm er 1925 seine erste Stelle an und machte sich mit scharfsinnigen Kinderbüchern und seinen humoristischen wie zeitkritischen Beiträgen und Gedichten schnell einen Namen. 1927 verließ Kästner Leipzig und zog nach Berlin, später lebte er in München.
Der größte Sohn der Stadt Leipzig, der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) wurde im Alter von 15 Jahren als Student der Theologie und Philosophie an der Universität Leipzig eingeschrieben. Später setzte er sein Studium in Jena fort. Als Jurist, Naturwissenschaftler, Politiker, Philosoph, Historiker und Theologe wirkte er in ganz Europa. Als Diplomat reiste Leibniz 1672 an den Hof Ludwig XIV. nach Paris.
Angela Merkel (geb. 1954) war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie studierte von 1973 bis 1978 Physik in Leipzig und wurde 1986 am Zentralinstitut für physikalische Chemie in Berlin promoviert. Von 1991 bis 1994 war sie Bundesministerin für Frauen und Jugend, von 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin, 2000 bis 2018 war sie CDU-Vorsitzende. 2008 wurde ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig für ihre besonderen Verdienste um das Fachgebiet Physik verliehen.
Der gebürtige Hallenser und Wahl-Leipziger Clemens Meyer (geb. 1977) arbeitete nach dem Abitur in verschiedenen Berufen, bevor er 1998 zum Studium an das Deutsche Literaturinstitut Leipzig ging. Für sein schriftstellerisches Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, er gewann den MDR-Literaturwettbewerb 2001 und den Preis der Leipziger Buchmesse 2008. Der Autor arbeitet unter dem Pseudonym „Günther Meyer“ auch als bildender Künstler.
Weil Wolfgang Natonek (1919 – 1994) als Studentenratsvorsitzender gegen den Zugriff der Staatsmacht und die Politisierung der Universität Leipzig durch das noch junge SED-Regime protestierte, war er von 1948 bis 1956 im Zuchthaus Bautzen interniert. Der in Leipzig geborene Wolfgang Natonek begann sein Studium direkt nach dem 2. Weltkrieg an der Alma mater, verließ die DDR nach seiner Haftentlassung und studierte in Göttingen Philologie.
Die 1966 in Leipzig geborene Kristin Otto startete als Schwimmerin in der DDR für den SC DHfK Leipzig. Mit insgesamt 22 Titeln bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften ist sie die bisher erfolgreichste deutsche Schwimmsportlerin. Allein bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul gewann sie sechsmal Gold. Von 1989 bis 1997 absolvierte Kristin Otto ein Fernstudium in Journalistik an der Universität Leipzig. Seit 1992 ist sie Redakteurin und Moderatorin beim ZDF und berichtet seitdem auch von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.
Professor Eduardo Pastrana Buelvas arbeitet als Professor für Internationale Beziehungen und Völkerrecht an der Pontificia Universidad Javeriana in Bogotá, Kolumbien. Er hat sein Studium der Rechtswissenschaften 1986 an der Universität Leipzig aufgenommen und 1995 in Leipzig seine Promotion in Recht, Völkerrecht und Internationale Beziehungen abgeschlossen. In Leipzig engagierte er sich für die Belange der ausländischen Studierenden und wurde der erste gewählte Vertreter des Internationalen Studentenkomitees. Gemeinsam mit seiner Frau, die er in Leipzig kennenlernte, ist er 1998 an seine Heimatuniversität in Cali, Kolumbien zurückgekehrt, um dort das Amt des Rektors zu bekleiden.
Johann Paul Friedrich Richter (1763 – 1825), der sich aus Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau „Jean Paul“ nannte, immatrikulierte sich im Mai 1781 an der Universität Leipzig. Er beschäftigte sich jedoch weniger mit seinem Theologiestudium als mit der Schriftstellerei. Nach seiner ersten Publikation blieben weitere Erfolge aus, weshalb er schließlich vor seinen Gläubigern aus der Stadt floh. Erst in den 1790er Jahren begann Jean Pauls eigentlicher Ruhm, er wurde zu einem der bekanntesten Schriftsteller seiner Zeit. Gleichzeitig spaltete er die Leserschaft durch seinen formlosen, von Abschweifungen geprägten und bis heute als modern geltenden Schreibstil.
Sam Ramsamy, geboren 1938 in Durban, Südafrika, ist Vizepräsident des Internationalen Schwimmverbands FINA und Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. Der ehemalige Schwimm- und Fußballtrainer absolvierte 1973 den Internationalen Trainerkurs der Universität Leipzig. Als Anti-Apartheid-Aktivist und Vorsitzender des South African Non-Racial Olympic Comittee (1976 – 1990) sowie Autor des Buches „Apartheid – The Real Hurdle: Sport in South Africa & the International Boycott“ (1982) setzte sich Ramsamy erfolgreich für einen Sport ohne Rassendiskriminierung ein.
Martin Schmitt (geb. 1978) ist Olympiasieger und mehrfacher Weltmeister im Skispringen. Nach Beendigung seiner Karriere absolvierte er an der Universität Leipzig bis Mitte 2016 ein Bachelor-Studium der Sportwissenschaften für Absolventen der Trainerakademie Köln, das er als Jahrgangsbester abschloss. Heute arbeitet er u.a. als TV-Experte bei den Skisprung-Übertragungen.
Der Komponist Robert Schumann (1810 – 1856) schrieb sich an der Universität Leipzig für Jura ein, widmete sich jedoch mehr seiner Vorliebe für Musik. So konzentrierte er sich ab 1830 unter Anleitung von Friedrich Wieck vollständig auf das Klavierspiel, Komposition und Musiktheorie. Schumann war 1934 Mitgründer der „Neuen Zeitschrift für Musik“. 1843 wurde er Kompositionslehrer in Leipzig und 1850 städtischer Musikdirektor in Düsseldorf. Sein kompositorisches Schaffen umfasst Lieder und Liederzyklen, Klavier-, Orchester- und Kammermusikwerke sowie die Oper „Genoveva“.
Gustav Stresemann studierte von 1898 bis 1901 zunächst in Berlin, dann in Leipzig Literatur und Geschichte, später wechselte er in das Fach Nationalökonomie. Bereits 1907 wurde er Reichstagsabgeordneter der Nationalliberalen Partei und 1917 ihr Fraktionsvorsitzender. Ein Jahr später gründete er die rechtsliberale Deutsche Volkspartei, deren Vorsitzender er bis zu seinem Tod blieb. 1923 war er für kurze Zeit Kanzler und seitdem Außenminister. Stresemann setzte sich besonders für eine außenpolitische Entspannung ein.1926 erhielt er gemeinsam mit dem französischen Außenminister Aristide Briand den Friedensnobelpreis.
Carl Friedrich von Weizäcker (1912 – 2007) studierte Physik in Berlin, Göttingen und Leipzig. Bereits mit 21 Jahren promovierte er, drei Jahre später folgte die Habilitation. Vor dem Hintergrund seiner Mitarbeit an einer deutschen Atombombe im Zweiten Weltkrieg wandte er sich später der Philosophie und Friedensforschung zu. Vor allem beschäftigte er sich mit Fragen der Verantwortung in den Naturwissenschaften und setzte sich gegen die Entwicklung von Kernwaffen ein. Er wurde mit einer Vielzahl deutscher und internationaler Auszeichnungen geehrt.
Der Physiologe, Philosoph und Psychologe Wilhelm Wundt (1832 – 1920) begründete die Psychologie als eigenständige Wissenschaft und schuf 1879 in Leipzig das erste Institut für experimentelle Psychologie. Nach Studien- und Lehraufenthalten in Heidelberg, Tübingen, Berlin und Zürich folgte Wundt 1875 dem Ruf der Universität Leipzig und kam als ordentlicher Professor für Philosophie in die Stadt, die ihm 1902 die Ehrenbürgerschaft verlieh.
Juli Zeh (geb. 1974) studierte an der Universität Leipzig von 1995 bis 1998 Rechtswissenschaft und von 1996 bis 2000 Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut. Sie gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellerinnen der jüngeren Generation, ihr Debütroman „Adler und Engel“ wurde in 28 Sprachen übersetzt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Außerdem ist sie für ihr gesellschaftspolitisches Engagement bekannt.